„Presencing – Führen von der Zukunft her” – Workshop von Otto Scharmer am 10. März 2011 in Wien

Dieser Rückblick beinhaltet eine subjektive Auswahl und Mitschrift von Zitaten von Otto Scharmer vom Workshop am 10. März 2011 (keine Gewähr für die Richtigkeit):

„1) Die Reaktionen auf meine Präsentationen am Weltwirtschaftsforum Davos waren interessant. Die Neigung die Grundlagen zwischen Finanz- und Realökonomie zu hinterfragen, war nicht so ganz ausgeprägt, wobei es interessant ist, dass so was überhaupt diskutiert wird. …

2) Multi stakeholder innovation: Es gibt kein Unternehmen der Welt, das damit kein Problem hat. Wie komme ich da rein? …

3) Mindful Leadership: Ich habe dort eine 45 Minunten guided meditation gemacht. Das ist unheimlich gut angekommen. Jetzt ist Davos nicht gerade bekannt als Ort der Innovationen. Wenn etwas dort angekommen ist, ist es wirklich durch.

Was es nicht gab, ist ein Ort, wo diese drei Themen zusammen gebracht werden konnten. Das sind nicht drei Themen, sondern das ist ein Thema. Dafür ist hier ein Ort. Das ist es, was ich versuche. …

Organisationales Redesign: 70 % der Redesignprojekte werden erfolglos abgebrochen. Wenn die Menschen Ihre Sichtweisen nicht verändern, werden andere Prozesse die gleichen Probleme produzieren. …

Als ich vor 15 Jahren ans MIT gekommen bin, kam ich in die Senge-Gruppe rein. Es gab sehr sophisticated Studien mit almost no impact. Das hat Senge gesehen. Er hat den zweiten Arm, die 3. Ebene dazu gebracht, die Verhaltensebene. Die Tools waren in einigen Fällen sehr erfolgreich, von anderen Leuten benutzt und in anderen Kontexten brachten sie nix. Bei dem Punkt bin ich eingestiegen. Es gibt noch eine tiefere Ebene. Was ist das?

Das ist eigentlich Organizational Learning der 2. Generation. …

Wie kommen wir an unsere Quellen heran?

Es ist die Quelle

  • `Wer bin ich?´
  • `Was ist mein Weg?´
  • `Was ist mein Ding?´

Wo sind Momente, wo ich an Prozesse stoße, die mit den heutigen Herausforderungen an eine Grenze stoßen? Wo habe ich es mit einem persönlichen Bereich zu tun, wo ich an Erfahrungsfelder stoße, die ich noch nicht genau formulieren kann?

Zitat Vaclav Havel:Otto Scharmer - Zitat Vaclav Havel

„Ich denke, es gibt gute Gründe für die Annahme, dass das moderne Zeitalter zu Ende geht. Es gibt heutzutage viele Hinweise darauf, dass wir uns in einem Übergangsstadium befinden, es sieht so aus, als ob etwas auf dem Weg hinaus ist und als ob etwas anderes unter Schmerzen geboren wird. Es ist so, als ob etwas taumelt, schwankt, schwindet und sich selbst erschöpft – während sich etwas anderes, noch Unbestimmtes, langsam beginnt aus den Trümmern zu erheben.”

… Wenn ich auf meine eigenen Erfahrungen gucke, habe ich das an der blockübergreifenden Bewegung [RP: vermutlich ist der Zusammenbruch des kommunistischen Systems und Ende des kalten Krieges gemeint] gesehen, dass sich tektonische Platten verschoben haben. Die Menschen haben davor gesagt: „Das wirst Du nie erleben, dass sich da was ändert.“ So etwas erleben wir jetzt auch in Nordafrika. Plötzlich ist alles anders.

… Facebook, das drittgrößte Land der Erde, ist zu vollkommen neuen Verhaltensweisen fähig. …

Dennoch bin ich überzeugt, dass wir zu einem neuen Verhältnis von Individuum, Unternehmen und Zivilgesellschaft kommen müssen, dass es sich neu austarieren muss. Damit haben diese Entwicklungen noch nichts zu tun. …

Wo haben Sie etwas mit Erfahrungsfeldern zu tun, wo alte Strategien nicht funktionieren, wo mehr vom Selben nicht zum Ziel führt?

Wo spüren Sie, daß etwas Neues entsteht?

Dann können Sie – das ist das allerschwierigste – auf Ihre eigene Praxis gucken. Wo ist etwas, wo mich was Neues zieht, das ich nicht erklären kann, das mehr ist als eine Verlängerung der Vergangenheit?

Heute reicht Lernen aus der Vergangenheit nicht mehr aus. Gibt es eine zweite Quelle des Lernens? Es geht darum, Gespür für die sich entwickelnde Zukunft zu entwickeln, damit man Teil der neuen Story wird, statt Teil der Abwehrschlachten für das Alte. Aber wie kommt man ran? …

[Otto Scharmer verweist auf Anregungen von Brian Arthur, Santa Fe Institute]

Der Weg zur tieferen Erkenntnis umfasst 3 Prozessschritte:

  1. Observe, observe, observe
    Es funktioniert aber nicht, wenn man das automatisch abspult. Der innere Ort muss sich ändern. Das observe, observe, observe ist das an die Grenze gehen. Sich in die Schuhe derjenigen Stellen, die am schlechtesten gestellt sind. …
  2. Retreat and reflect
    Was ist das, was in allem, was wir beobachtet und gehört haben, in die Welt kommen will und was hat das mit mir zu tun? …
  3. Diese Ideen im Tun erzeugen und Feedback von relevanten Stakeholdern einholen. …

Das was eigentlich zählt: „Who?“ … Die Qualität der Aufmerksamkeit, der Präsenz. …

Diesen Rückraum, den ich nicht sehe, besonders auszuleuchten, ist das, was Theory U versucht beizutragen. …

Was bringt uns hierher?Otto Scharmer Zitat William O’Brien
Dass wir etwas spüren, das ich in einen Raum eintreten kann, in dem ich wirksam bin.

Listening: Ohne zuhören, können wir alles andere abhaken, befinden wir uns im Blindflug.

[Otto Scharmer beschreibt vier verschiedene Modi des Zuhörens / der Konversation:

  1. Downloading / Projektion der eigenen inneren Bilder
  2. Faktisches Zuhören / Diskussion
  3. Empathisches Zuhören / Dialog
  4. Schöpferisches Zuhören / Presencing]

… Das einzig Neue ist vielleicht die 4. Ebene: schöpferisches Zuhören. Wahrnehmen eines neuen Möglichkeitsraumes, der noch nicht in die Welt gekommen ist. Ein wirklich guter Coach sieht mich nicht in meinem derzeitigen Sterbeprozess, sondern in dem, was geboren werden will. Gesehen zu werden in einer Capacity was ich werden könnte ist eine unglaubliche Hilfe. Es geht heute darum, an die Kräfte des Neuen dran zu kommen. Heute reicht das weiterklappern des Alten nicht mehr.

… Erst war es so, 50 Jahre passierte weltpolitisch nichts. Dann die plastische Stunde der Weltgeschichte. Abspulen von Routinen auf unglaublich hohem Niveau. … Es passiert was, was nicht im Skript ist:

  1. Möglichkeit: Es zurück auf die Spur bringen. …
  2. Möglichkeit: Inne halten, die ganze Aufmerksamkeit dem Moment widmen, die ganze Aufmerksamkeit aufmachen. Drop your tools!

Otto Scharmer setzt im Workshop folgendes Video ein, um die Theory U zu illustrieren: Plácido Domingo, Zubin Mehta – No puede ser Otto Scharmer - Video Placido Domingo, Zubin Mehta

„Durch Placido begann etwas in die Welt zu kommen und Mehta hielt den Raum dafür offen.“

… Bei allen schöpferischen Prozessen, was passiert am Anfang: Nichts. Es kommt aus einer Eigengesetzlichkeit. Bevor es passiert geht der Taktstock wieder nach oben. Bevor es landet, geht es als kollektive Wirklichkeit in die Wirklichkeit ein. … Die 4. Stufe der Aufmerksamkeit, in der wir einen Umraum, einen Landeplatz für das bilden, was noch nicht da ist.

Otto Scharmer zeigt dann einen Ausschnitt aus „The Legend of Bagger Vance“

Zitat: “ … there’s only ONE shot that’s in perfect harmony with the field… One shot that’s his, authentic shot, and that shot is gonna choose him… There’s a perfect shot out there tryin’ to find each and every one of us… All we got to do is get ourselves out of its way, to let it choose us… Can’t see that flag as some dragon you got to slay… You got to look with soft eyes… See the place where the tides and the seasons and the turnin’ of the Earth, all come together… where everything that is, becomes one… You got to seek that place with your soul Junuh… Seek it with your hands don’t think about it… Feel it… Your hands is wiser than your head ever gonna be… Now I can’t take you there Junuh… Just hopes I can help you find a way… Just you… that ball… that flag… and all you are… “

Es geht um innere Führung. „It´s time. Time for what? To see the field. … It´s time for you to see the field.“ Am Anfang macht der Coach nix, er springt nicht ein. Wie oft sind wir lange in einer Situation ohne dass die Frage da ist. … „Theres only one perfect hit for the field. The perfect hit finds you. … You have to use your soft eye.“ …

Die Differenz zum Ziel wurde aufgehoben. … Öffnen! …

„Seek it with your hands. Don’t think about it. The wisdom of your hands is greater than the wisdom of your head will ever be.”

Wenn Du etwas Neues willst, hast Du keine Chance, wenn Du es mit der Intelligenz oberhalb des Nackens machst. … Du musst es im Tun erkunden. … Die Geschichte dieses Films:

Du kannst an nichts rankommen, wo Du schon mal gewesen bist. … Die Zukunft fängt nicht beim Denken an – dort hört sie auf. Es geht um die Verbindung dieser drei Intelligenzen. Verabschieden vom Gedanken des Reproduzierens. Das Vertrauen in sich selbst, dass man alles Bekannte loslassen kann. … Wirklich loslassen, sich auf was Neues einzulassen, in eine Öffnung rein zu gehen, loslassen …

Die Essenz von Theory U: I attend this way, therefore it emerges that way. Die Transformation unserer individuellen und kollektiven Aufmerksamkeit. …Theory U

ABC: Awareness Based Collective action, aufeinander Bezug nehmen in einem größeren System … manchmal spontane Koordination wie bei Katastrophen und Notfällen …

Hebelpunkte:

  1. Hebelpunkt: z.B. Medidation (was für einen selbst richtig ist, muß man schon selbst rausfinden): John Kabat-Zinn: „Meditation is about paying attention.“ Unterscheiden zwischen dem was wesentlich ist und dem was nicht wesentlich ist … Lärm von Außen, Lärm von Innen
  2. Hebelpunkt: “Do what you love, love what you do.” Die Energie, die mir zufließt, ist mehr, als mir abfließt. Joseph Beuys: „Ich ernähre mich durch Kraftvergeudung.“ [RP: Welche Wirkung haben bestimmte Menschen oder ein Ort auf mich?] Wenn man aus der Tür rausgeht, kann sich der Körper noch gut daran erinnern, wie er war, als er reingekommen ist? Bin ich der selbe oder nicht? … Die Universität sollte nicht dazu da sein, um ein Fass zu füllen, sondern um eine Flamme zu entzünden. …
  3. Hebelpunkt: Einen Umkreis von Menschen finden, sich treffen, z.B. 2-3 Mal pro Jahr für ein Wochenende oder öfter und für einen Abend und die 4. Ebene des Zuhörens für jeden einzelnen anzuwenden. … sich öffnen, die Wunde zeigen … liebevoll zuhören, die Zubin Mehta Geste. … sobald ein Moment des Urteilens, oder noch schlimmer: Zynismus, da ist, ist alles tot. …

Wir sind Gewordene und Werdende. In den meisten Fällen passiert das automatisch, organisch, wenn man Glück hat.

Scharmer Flip Chart Wir sind der CEO von unserem Leben. …

Zuerst beschuldigen wir unsere Eltern. Dann sehen wir, es ist meins.

Seek it with your hands. Erst dabei kommen die Gedanken.

[RP: Die TeilnehmerInnen wenden in Paaren die Methode Sculpting an.]

Für die spirituelle, subtile Seite aufmerksam zu sein. … Ich benutze Worte, die keinen Ballast, keine 1000 Jahre auf dem Buckel haben. Mir geht es nicht um Religion, sondern um Wissenschaft.Scharmer Theory U

Publikation von Varela 1999: Der blind spot in der Kognitionsforschung ist die Wahrnehmung (Journal of consciousness)

Drei Methoden: Phänemonologie, Introspektion, Meditation

 

Explosion des Begriffes Mindfulness in wissenschaftlichen Publikationen.

Warum wird ein fast unlesbares Buch in 12 Sprachen übersetzt?

Ich nehme das so wahr, dass das Ganze eine Bewegung ist, über alle Kontinente.

Transformation des Bewusstseins der Beteiligten … Es ist schon alles da, nur gab es keine Sprache dafür.”

The Essence of Theory U and Presencing

Interview with C. Otto Scharmer

U Journaling Practice: A 13 Step Journey through Your Field of the Future

Ottos Blog Feb. 2011

Folien-Präsentation vom 10. März 2011

Auf dem Blog von Michael Wyrsch “Presencing und Wissensmanagement“: Theorie U von Otto Scharmer selbst erklärt